Weinfehler sind Spielverderber. Da legt man sich einen Wein in den Keller, lässt ihn reifen, freut sich jahrelang darauf und dann, wenn man ihn endlich feierlich öffnet, entpuppt er sich als fehlerhaft. Warum Weinfehler entstehen, welche Weinfehler es gibt und welche Ihr eventuell sogar beheben könnt, verraten wir Euch in Folge 23 der Weinschule.
Wer noch nie bewusst einen Wein mit einem Weinfehler getrunken hat, dem kann ein fehlerhafter Wein auch einfach ‚nicht so lecker‘ erscheinen, denn beileibe nicht alle Weinfehler machen den Tropfen ungenießbar. Auch haben die Menschen unterschiedlich hohe Empfindlichkeiten, was Weinfehler angeht. Es ist kein Ausdruck von Weinkennerschaft auf kleinste Mängel zu reagieren und wer einen Weinfehler nicht sofort entdeckt, ist kein Trottel.
Eine Verunreinigung mit TCA ist der am weitesten verbreitete Weinfehler. Andere sind aufgrund moderner Hygienestandards fast ausgestorben. Wir feiern die Weinfehler also schnell in aufsteigender Reihenfolge nach ihrer Bedeutung ab.
Diese beiden Fehler begegnen Euch vielleicht nie in Eurer Weinkarriere. Wenn doch, erkennt Ihr sie am Geruch. Mäuselnde Weine riechen wie ein reinigungsbedürftiger Mäusekäfig. Wer das nicht kennt, der hält sich an Ammoniak. Es ist auch einerlei, der Wein stinkt dermaßen, dass an Genuss nicht zu denken ist. Auch der Geruch nach Geranien, der dem zweiten Fehler seinen Namen gibt, lädt nicht zum Trinken ein.
Untypische Alterungstöne riechen nach Mottenkugeln – so die höfliche Formulierung. ‚Nasser Lappen‘ ist die etwas deutlichere Ausdrucksweise und ‚riecht nach Erbrochenem‘ die unverblümte. Keine Angst: danach schmecken tun solche Weine nicht. Im Mund wirken sie einfach dumpf. Dazu hellen sie farblich auf. UTA ist ein Weißweinfehler, der schon im Rebstock entsteht und sich nach kurzer Zeit auf der Flasche bemerkbar macht. Er wird Euch höchstens alle Jubeljahre unterkommen.
Fehlgeleitete Prozesse vor, während und kurz nach der Gärung, bei denen Zucker oder Alkohol von Mikroorganismen (vor allem Essigbakterien) zu Essigsäure und deren Nebenprodukten oder zu Acetaldehyd, Ethylacetat etc. gewandelt werden, sorgen für allerlei unangenehme Naseneindrücke. Die meisten dieser Stoffe treten in kleinen Mengen bei jedem Wein auf, der Fehler ist also die Konzentration. Menschen reagieren unterschiedlich empfindlich auf diese Fehler und viele betroffene Weine sind für manchen noch mit Genuss trinkbar.
Petroltöne sind nur bei Jungweinen ein Fehler, denn im Reifeprozess entwickeln viele Weißweine – vor allem solche aus der Rebsorte Riesling – eine leichte bis heftige Note von Petroleum im Geruchsbild. Das kann man ablehnen, muss man aber nicht.
Den Hefepilz Brettanomyces haben wir in der Folge über Aromen im Rotwein schon kurz angesprochen. Er produziert einen unangenehmen Geruch, der an nassen Hund erinnert. In hohen Dosen beeinflusst das auch den Geschmack. Über Brett können sich manche Weinfreunde trefflich streiten. Viele bezeichnen jeden Wein als fehlerhaft, der Spuren von Brett aufweist, das Gros der Weintrinker hält es allerdings mit der alten Weisheit: ‚Ein bisschen Brett ist nett‘.
Ein Wein, der einen Böckser hat oder ‚böckserig‘ ist, stinkt nach faulen Eiern. Der Fehler ist notdürftig zu reparieren. Werft eine Ein-, Zwei-, oder Fünf-Cent-Münze ins Glas. Das Kupfer bindet den Böckser. Völlig spurlos geht die Behandlung am Wein nicht vorüber, so dass Ihr situativ entscheiden solltet, ob Ihr den reparierten Wein trinken wollt. Böckser kommen in allen Abstufungen vor, die leichte Form gilt als salonfähig, da viele hochwertige Weine einen leichten Böckser während der Spontan-Gärung entwickeln. Bei diesem Verfahren setzt der Winzer keine industriell vermehrten Hefen zum Most zu, sondern wartet, bis er von alleine mit den aus dem Weinberg mitgebrachten sowie den kellereigenen Hefen die Gärung beginnt. Bis zum Erreichen eines Alkoholgehaltes von 5 Volumenprozent laben sich neben den Hefen noch weitere Organismen am Zucker im Most. Spontan vergorene Moste nehmen die Fünf-Prozent-Hürde später und lassen den Organismen mehr Zeit Wirkung zu entfalten. Das erhöht manchmal die aromatische Komplexität des Weines, weswegen Spontangärung als schick und edel gilt. Eines dieser zusätzlichen Aromen kann aber der Böckser sein, den Fans dann gnädig in ‚Sponti-Stinker‘ umbenennen und begeistert zur Kenntnis nehmen.
Damit ein Wein als Qualitätswein eine amtliche Prüfnummer erhält, muss er blank sein. Minimale Trübungen unfiltrierter Weine sind dabei tolerabel. Trübungen entstehen also meist nach der Prüfung mit der Zeit in der Flasche. Bei der Schwermetalltrübung reagieren Eisen und Kupfer mit Gerbstoffen und fällen aus. Das ist ein sehr seltener Fehler. Eine Trübung durch Mikroorganismen ruiniert den Wein in der Regel, denn die haben sich schlicht auf der Flasche bis zur Sichtbarkeit (=Trübung) vermehrt und dabei den Wein geschmacklich verändert. Das wollen wir nicht trinken. Eiweißtrübung ist eine andere Art von Trübung, die wir in der letzten Folge kurz angesprochen haben. Eigentlich behebt der Winzer den vor der Füllung mit Bentonit. Da es schick ist auf Schönung zu verzichten, weil alle zurück zur Natur wollen, häufen sich Trübungen als Weinfehler.
Auch Weine ohne Korkverschluss können ‚korken‘ oder ‚Kork(schmecker) haben‘ – deshalb sprechen viele Weinfreunde lieber von einer TCA-Verseuchung statt von ‚der Wein korkt‘. TCA ist die Abkürzung für Trichloranisol und es ist der Stoff, der aus dem Korken in den Wein gelangt und diesen ruiniert. TCA hat einen muffig bis scharfen Eigengeschmack, je nach Konzentration. Wie es genau in den Korken kommt, ist unklar, vermutlich als Stoffwechselprodukt von Mikroorganismen. Ein Test des Korkens auf TCA gelingt nicht zerstörungsfrei, weswegen es keine garantiert-geprüften TCA freien Korken gibt. Der DIAM-Korken ist garantiert unbelastet, besteht aber aus gereinigtem Korkgranulat, enthält also Bindemittel, die eventuell die Haltbarkeit negativ beeinflussen. Die Akzeptanz dieses Ersatz-Stopfens in der Weinwelt ist eingeschränkt.
Neben TCA hat Tribromanisol (TBA) ganz ähnliche Wirkung auf Wein. TBA ist Bestandteil vieler Flammschutzmittel. Bauholz kann mit TCA oder TBA belastet sein, Euro-Paletten sind regelmäßig damit imprägniert, Pappkartons ebenfalls. Und so kam es tatsächlich zu einem in der Weinwelt legendären Zwischenfall: Ein Hersteller von Schraubverschlüssen hatte eine Ladung der Einlegeplättchen für seine Schrauber auf einer stark TCA-verseuchten Palette gelagert und die Partie war feucht geworden. Das TCA kroch von unten nach oben durch die Kartons und kontaminierte die halbe Ladung. Die Plättchen kamen zum Einsatz und Tausende mit Schrauber verschlossene Flaschen erlitten einen bösen Korkschaden.
Auch so mancher Keller musste in der Vergangenheit nach gerade erfolgter Renovierung wieder umgearbeitet werden, weil der erste Jahrgang aus dem neuen Gewölbe auf einmal eine hohe Quote an Korkschmeckern aufwies, da verarbeitete Materialien TCA freisetzten. Hauptquelle ist und bleibt aber der Korken.
TCA könnt Ihr aus Wein entfernen, indem Ihr eine lose zusammengeknüllte Frischhaltefolie ins Glas gebt. Allerdings ist nicht erforscht, welche Stoffe die Folie im Austausch für das aufgenommene TCA an den Wein abgibt. Außerdem ist nur der TCA-Wein anschießend trinkbar, bei dem sich der Schaden auf eine reine Verunreinigung beschränkt. Häufig hat das Problem aber eine zweite Facette, den schleichenden Kork.
Ein verseuchter Korken entfaltet neben der Abgabe von TCA meist noch andere böse Wirkungen. Die bekannteste ist der schleichende Kork, für den unsere angelsächsischen Vettern eine viel hübschere Bezeichnung haben: Fruit Scalping. So bildlich dürft Ihr euch den Fehler auch gerne vorstellen: Wie ein Indianer im Kampf dem Bleichgesicht als Trophäe den Skalp nimmt, schält der fehlerhafte Korken die Frucht vom Wein ab. Anders als beim kriegerischen Akt geschieht dies allerdings heimlich und nicht bemerkbar. Nur wenn Ihr den Wein schon einmal getrunken habt, erkennt Ihr den Fehler – oder wenn eine zweite geöffnete Flasche viel besser schmeckt als die erste. Das ist überhaupt das gemeine an Korkfehlern: Etliche erkennt Ihr nicht als solche, sondern denkt einfach, der Wein ist ziemlich fad.
Alle bisher beschriebenen Fehler mit Ausnahme des Korktons sind Weinfehler, die während der Produktion auftreten und sich dann auf der Flasche konservieren oder eventuell weiterentwickeln. Die häufigsten Weinfehler sind aber Flaschenfehler. Neben dem Korken können auch andere Umstände den Wein in der Flasche beeinträchtigen. Wein ist zwar sehr robust, wenn er während Transport oder Lagerung jedoch einfriert oder sich auf über 70 Grad erwärmt, kann er irreparablen Schaden nehmen. War die Flasche eventuell verunreinigt vor der Füllung, entwickelt der Inhalt häufig ein Eigenleben. Lange Weinlagerung in direktem Sonnenlicht hat unglaubliches Zerstörungspotential und dann kann der Verschluss (egal ob Korken, Glas oder Schrauber) kaum merkbar undicht sein. Wenn ein Wein weit unter Euren Erwartungen bleibt, lohnt es sich meist, eine Konterflasche zu öffnen und zu schauen, ob diese besser abschneidet.
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