Folge 10: Wie lese ich Weinetiketten? (2)

Die meisten Länder greifen für ihre Weinetiketten auf Herkunftssysteme zurück. Die sind teils einfach zu begreifen und teils nur für Menschen mit gutem Gedächtnis. Wir sorgen für Durchblick.
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Da die meisten europäischen Nationen Weinetiketten auf der Basis des EU-Rechts gestalten, ist es hilfreich, wenn Ihr euch zuerst mit Folge 9 beschäftigt, in der wir die europäische Basis erläutert haben. Dann fällt das Verständnis internationaler Weinetiketten leichter. Wir haben hier noch einmal die wichtigsten Länder im einzelnen erklärt. Damit könnt Ihr dann auch alle Weinetiketten der internationalen Weine im Weinpaket der Webweinschule entziffern.

Österreichische Weinetiketten

Deutsche Weinkenner sind sich sicher, dass ihr Heimatland das zweitkomplizierteste Weinbezeichnungsrecht der Welt hat, bekloppter ist nur noch das Österreichische. Alpenländische Weinkenner schwören hingegen, dass Österreich Heimat des zweitkompliziertesten Bezeichnungsrechts der Welt ist, an Irrsinn nur vom Deutschen übertroffen – wir lieben uns halt. Wir sind in dieser Frage ganz neutral, verschwenden also keine Zeit auf Zänkereien und widmen uns lieber direkt dem österreichischen Elend Bezeichnungsrecht.

Zum einen verwendet Österreich auf Flaschenetiketten Prädikate analog den Deutschen. Dazu kommt ein Prädikat namens Strohwein oder Schilfwein, dessen Wein aus auf Stroh- oder Schilfmatten getrockneten Trauben gewonnen wird und eines namens Ausbruch, das qualitativ knapp unter der Trockenbeerenauslese rangiert. Der Kabinett darf laut Gesetz höchstens 9 Gramm Zucker enthalten, schmeckt also trocken. Die Bezeichnung Kabinett ist in Österreich aber quasi ausgestorben. Alle anderen Prädikate dürfen theoretisch für trockenen Wein verwendet werden. Glücklicherweise sind Österreichs Winzer dazu übergegangen, die Prädikate nur für Süßweine zu verwenden. Wir merken uns also: Österreich und ein aus Deutschland bekanntes Prädikat auf dem Etikett bedeutet: ‚Der Wein ist süß‘.

Drei prädikatsähnliche Bezeichnungen finden im Anbaugebiet Wachau für trockene Weißweine Verwendung: Steinfeder, Federspiel und Smaragd. Sie entsprechen ungefähr den deutschen Kategorien Kabinett trocken, Spätlese trocken (oder Ortswein bei den VDP Erzeugern) sowie Auslese trocken (oder Großes Gewächs beim VDP). Ein Wachauer Smaragd gehört zu den edlen und raren trockenen Weißweinen Österreichs. Außerhalb der Wachau gab es für trockene Weiße und Rotweine in den vergangenen Jahrzehnten kein brauchbares System für die Benennung der Qualität auf den Etiketten. Um dies zu ändern entschloss sich die österreichische Weinwirtschaft vor einigen Jahren ein klassisches Herkunftssystem zu entwickeln. Dazu erfand man den Begriff Districtus Austriae Controllatus, mit DAC abgekürzt. DAC-Weine unterliegen klaren und meist strengen Regeln und Kontrollen. Diese sind für jeden der derzeit 9 DAC-Distrikte unterschiedlich und legen fest, welche Rebsorten für den DAC-Wein in Frage kommen, welchen Mindest- und Höchstalkoholgehalt er aufweisen darf, fordern aber auch bestimmte Geschmacksprofile und einiges mehr. Den Verbraucher verwirren mag die Tatsache, dass einige DAC-Distrikte die Namen früherer Anbaugebiete tragen. In einem solchen Fall findet der Käufer auf einmal unter einem Begriff, der vorher die Weinetiketten der ganzen Qualitätsbandbreite zierte, streng normierte, eher hochpreisige Qualität. Ein Beispiel ist das ehemalige Anbaugebiet Weinviertel. Die meisten Weine aus dem Weinviertel tragen jetzt die Bezeichnung Niederösterreich auf dem Etikett und da das Weinviertel Österreichs größtes Anbaugebiet und Herkunft vieler hübscher Schoppenweine ist, sind die Änderungen gravierend. Lediglich hochwertige Grüne Veltliner aus der Region heißen noch Weinviertel – versehen mit Zusatz DAC, Die klare und vorbildliche DAC-Regelung betrifft nur einen Bruchteil des in Österreich produzierten Weines, ausnahmslos im oberen Preissegment angesiedelt.

Wir suchen aber nicht weiter das Haar in der Suppe (wollen schließlich keine Piefke-Vorurteile bedienen) und fassen stattdessen zusammen: DAC auf dem Etikett eines Weines aus Österreich: Das ist feiner Stoff. Zuletzt merken wir uns noch, dass in Teilen der Alpenrepublik die Rebsorte Chardonnay als Morillon auf dem Label erscheint und dann ziehen wir weiter nach Bella Italia.

Italiens Weinetikett

Die Italiener haben seit Ewigkeiten ein Herkunftssystem, dass sich zudem dadurch auszeichnet, dass es einer einfachen Regel folgt: Je enger die Herkunft gefasst, desto besser ist der Wein. Am einfachsten zu verstehen ist das Beispiel der Weine aus der Gegend um Montalcino in der Toskana. Dort wächst der begehrte Brunello. Hierbei handelt es sich um einen Rotwein aus der Rebsorte Sangiovese (die hier Sangiovese grosso oder auch Brunello genannt wird). Die allerbesten Weine tragen drei Bezeichnungen: den Lagennamen, den Zusatz Riserva sowie die Bezeichnung Brunello die Montalcino DOCG. Lagennamen auf den Weinetiketten führen nur Weine, deren Trauben alle aus einer Lage kommen und, anders als in Deutschland, hat nicht jeder Weinberg in Italien einen Namen, sondern nur die besten. Riserva bedeutet, dass der Wein erst im sechsten Jahr nach der Ernte auf den Markt kommt (ohne Riserva wären es fünf Jahre) und davon mindestens zwei in Eichenholzfässern verbrachte. Der Zusatz DOCG (kurz für Denominazione di Origine Controllata e Garantita)  steht dafür, dass eine staatlich beaufsichtigte Institution (das Consorzio del Vino Brunello di Montalcino) kontrolliert und garantiert, dass der Winzer den Wein gemäß den Regeln für Brunello di Montalcino produziert und dass der Wein einen Geschmackstest bestanden hat. Die Regeln besagen zum Beispiel, dass der Winzer nur 80 Zentner Trauben pro Hektar ernten und die Saftausbeute aus diesen nur 68 Prozent sein darf – ein Kilo Trauben ergeben also 680 Milliliter Most, während dieser Wert für einfache Weine bei 85 Prozent liegt. Dies bedingt erheblich weniger Pressdruck und entsprechend schonende Traubenbehandlung. Die nächst schwächere Kategorie – immer noch ein Spitzenwein von Weltruf – wäre ein Brunello ohne Lagennamen auf dem Weinetikett – auch von diesen produzieren manche Winzer eine Riserva.

DOCG FlaschenhalsDiesen erheblichen Aufwand betreibt der Winzer nur, wenn sein Ausgangsmaterial ihm Hoffnung auf einen guten Wein macht. Die B-Ware, Trauben minderer Qualität, verarbeitet er zu einem anderen Wein. Ist dieser sehr gut, steht es ihm frei daraus einen ‚Rosso di Montalcino‘ zu machen. Die dann erlaubte Erntemenge liegt bei 90 Zentnern pro Hektar, die Saftausbeute aber auch nur bei 70 Prozent. Den Rosso darf er dafür schon im ersten Jahr nach der Ernte in den Handel geben. Diese tragen auf den Weinetiketten nur den Zusatz DOC (Denominazione di Origine Controllata). Diese etwas weniger aufregende Bezeichnung sagt aus, dass die Regeln nicht ganz so streng, der Wein aber trotzdem über eine schmeckbare Herkunft verfügt: ein Wein aus gutem Hause also. Möchte der Winzer sich auch an diese Regeln nicht halten, zum Beispiel seinen Sangiovese mit Weinen aus anderen Trauben verschneiden oder vollständig auf andere Rebsorten setzen, erzeugt er einen Rosso die Toskana. Dieser läuft nur unter der italienischen Bezeichnung für Landwein (IGT), dafür genießt er deutlich mehr Freiheiten, unter anderem auch die Genehmigung, den Namen der verwendeten Rebsorte auf das Etikett zu schreiben.

Die verlässliche Basis Italiens sind diese Landweine, egal ob aus einer der vielen heimischen Rebsorten wie dem Primitivo, Aglianico oder Negroamaro aus Mittel- und Süditalien, oder dem weißen Pinot Grigio del Veneto IGT aus dem Norden des Landes.

Das italienische System für Weinetiketten ist zwar leicht verständlich aber auch die Italiener sind gegen den Einfluss von Lobby-Arbeit nicht gefeit. Und so gibt es neben den berühmten DOCGs für Klassiker gehobener Lebensart wie Brunello, Barolo oder Chianti Classico auch DOCGs für Frascati und Soave. Diese sind zwar Weinen der ‚Superiore‘-Kategorie vorbehalten, was einer etwas strengeren Qualitätsanforderung gleich kommt, Weine, die höchsten Ansprüchen genügen, sind es trotzdem nicht.

Spanische Etiketten

Spanien ist das Land mit der größten Weinanbaufläche der Erde. Über eine Million Hektar sind mit Reben bepflanzt, das ist das Zehnfache der Deutschen Anbaufläche. Zwar wird rund ein Drittel der Trauben zu Brandy verarbeitet, trotzdem ist der Weinausstoß der Iberer gigantisch. Auch Weine aus Spanien gliedern sich in ein Herkunftssystem,. Die über 60 D.O.- und D.O.Ca.-Gebiete – das Kürzel steht für Denominación de Origen (calificada) erstrecken sich über die Hälfte der Rebfläche. Die Qualität innerhalb der meisten D.O.s ist sehr heterogen, weswegen Ihr diese bei der Interpretation der Weinetiketten eher als Herkunftsangaben denn als Qualitätsmerkmal verstehen solltet. Das bekannteste Weinanbaugebiet Rioja verfügt über die hohen Weihen eines D.O.Ca.-Status bei einer Fläche von 64.000 Hektar. In diesem Rebenmeer, so groß wie die Fläche der drei größten deutschen Gebiete Baden, Pfalz und Rheinhessen zusammen, entstehen nicht nur gute Weine. Andererseits gibt es durchaus ein paar kleinere Gebiete wie etwa Toro oder das Priorat, die eine beachtliche Durchschnittsqualität liefern.

Spanische Weine sind sehr oft im Holzfass ausgebaut und daher hat die Nation eine landesweite Qualitätseinteilung entlang der Dauer des Fassausbaus und der anschließenden Flaschenreife entwickelt. Die drei wichtigsten Stufen dieses Systems, die dann auch auf den Weinetiketten stehen, sind Crianza, Reserve und Gran Reserva. Beim Crianza hat der Winzer Spielraum, der Wein muss mindestens sechs Monate im Fass und zwölf Monate in der Flasche reifen, insgesamt aber 24 Monate – ob er die fehlenden sechs Monate in Flasche oder Fass reift, bleibt dem Winzer überlassen. Reserva-Weine reifen ein Jahr im Fass und zwei auf der Flasche, der Gran Reserva zwei im Fass und drei auf der Flasche. Für Weißweine sind die vorgeschriebenen Reifezeiten kürzer: 0,5 (Fass) und 1,5 (Flasche) beim Reserva und 0,5/3,5 Jahre beim Gran Reserva. Das gute Image der Gran Reserva Weine begründen die Großen Weine des Rioja, die sauteuer und saulecker sind, die schlimmen Entgleisungen im Goldnetz aus dem Discounter-Regal pinkeln diesen Legenden leider immer wieder ans Bein. Spanien hat im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends einen unglaublichen Boom an Investitionen auch durch branchenfremde Akteure erlebt, die mit Boutique-Bodegas das große Geld machen wollten. Diese führten eine Menge Weine mit modernen Marketingkonzepten, schicken Weinetiketten und wohlklingenden Namen ein, die auf Anlehnung an das klassische Bezeichnungssystem verzichteten. Gegen Ende dieser Periode und bevor viele der neuen Weine sich etablieren konnten, brach gleichzeitig die spanische Inlandsnachfrage und der Export ein, weswegen Ihr heute einerseits sehr günstig an großartige spanische Weine kommt, diese andererseits schwer am Etikett zu erkennen sind. Auch Produzentennamen helfen wenig weiter: große Bodegas wie Faustino oder der Torres-Konzern bieten Euch die ganze Palette vom Schädelspalter für dreifuffzich bis zum internationalen Premiumwein zum dreistelligen Europreis. Weinetiketten entziffert Ihr da nur mit einem Smartphone und schnellen Fingern.

Weinetiketten in Frankreich: Burgund

Das burgundische Systemfür Weinetiketten diente dem deutschen VDP zum Vorbild. Wir haben es schon im ersten Teil erklärt, weswegen wir hier nur die Übersetzungen liefern. An der Spitze stehen die Großen Lagen (Grand Crus), gefolgt von den ersten, den Premier Crus. Dann kommen die Orts- oder Dorfweine (Village). Jede dieser Stufen ist durch eine eigene Herkunftsbezeichnung AOC (Appellation d’Origine Contrôlée) geschützt. Die Bezeichnung Burgunder (Bourgogne) muss auf den Etiketten dabei nicht auftauchen. Wer nicht weiß, dass Chablis oder Côte-de-Nuits Teile des Burgunds sind, hat eben Pech gehabt. Die Rebsorte fehlt auch auf den Weinetiketten. Es ist Chardonnay bei den weißen und Pinot Noir bei den Rotweinen. Die Gutsweine, die einfachen Bourgogne und Bourgogne Blanc, sind in dieser Hinsicht verbraucherfreundlich: sie sind als Burgunder zu erkennen und nennen meist die Rebsorte. Neben den oben genannten können das in seltenen Fällen bei den Basisweinen auch andere sein. Zusätzlich existieren noch Herkunftsklassifikationen wie Bourgogne Grand Ordinaire mit denen Ihr euch beschäftigen könnt, wenn sich die Freude über den Lottogewinn wieder etwas gelegt hat, denn eines haben alle guten Burgunder gemein: sie kosten ein Vermögen. Der Vorteil des Systems ist seine auf Jahrhunderten Erfahrung fußende Klassifikation, der Nachteil ist, dass ein Wein eine Lage auf dem Etikett führen darf, wenn alle Trauben aus der Lage stammen und er einfache Anforderungen an Höchstertrag, Mostgewicht und Alkoholgehalt erfüllt. Eine Geschmacksprüfung findet nicht statt. Die Klassifikation auf den Weinetiketten beschreibt das Potential des Weinbergs, nicht die Qualität des konkreten Produkts. Die einfache Regel für Anfänger beim Burgunder lautet: ignorieret das Etikett und kauft den Wein nur, wenn Ihr ihn schon einmal getrunken und für gut befunden habt, dem Verkäufer blind vertraut oder ein Bekannter mit Erfahrung neben Euch steht, der Euch dazu rät.

Frankreich: Bordeaux

Bordeaux ist das größte zusammenhängende Weinanbaugebiet der Erde. Seine Anbaufläche entspricht ungefähr der Deutschlands. Es ist Heimat der berühmtesten Weine der Welt. Im Bordelais existiert einerseits ein Herkunftssystem analog dem italienischen, andererseits ein offizielles Ranking der besten Weingüter. Die Güterbenotung erstreckt sich jedoch nur auf einen Teil der Fläche. Auf der ‚linken’ Uferseite (flussabwärts betrachtet) liegt die Halbinsel Medoc, die als erste 1855 eine Erzeugerklassifikation erhielt. Sie kennt fünf Ligen. Die Champions League sind die fünf Premier Grand Cru: Château Latour, Château Mouton-Rothschild, Château Lafite-Rothschild, Château Margaux und Château Haut-Brion (das streng genommen außerhalb des Medoc liegt). Daneben existieren vier weitere Cru-Classés, die einfach durchnummeriert sind. Seit der Einführung des Systems gab es nur eine einzige Änderung, die Aufwertung von Mouton aus der Deuxièmes Cru Classé in die Premier Cru-Liga im Jahre 1973. Entsprechend existieren etliche Weingüter der fünften Klasse, die mittlerweile besseren Wein machen als schlecht geführte Drittliga-Chateaus aber das sind Luxusprobleme, kosten selbst mittelmäßige derart klassifizierte Gewächse 50€ und mehr. Auf den Weinetiketten dieser Flaschen steht oft nur der Name des Produzenten und das Anbaugebiet, nicht einmal in welches Cru er eingeteilt ist. Wer viel Geld investiert, sollte sich etwas Zeit für Erkundungen nehmen. Für den kleinere Geldbeutel bieten die guten ‚bürgerlichen‘ Gewächse des Medoc, die Cru Bourgeois (mit den Steigerungen ‚Exceptionell‘ und ‚Supérieur‘) viele Alternativen. Auch die Handwerkerweine (Cru Artisan) taugen gelegentlich etwas. Das Medoc hat sechs kleinere Untergebiete, die die meisten der klassifizierten Chateau beherbergen. Zusammenfassend merken wir uns: Medoc oder die Untergebiete Pauillac, Saint-Estèphe, Saint-Julien, Listrac, Moulis und Margaux auf den Weinetiketten: das sollte was Gutes sein. Die Weine enthalten meist einen höheren Anteil der Rebsorte Cabernet Sauvignon als die Weine des rechten Ufers, was sie geschmacklich etwas kantiger macht um es sehr vereinfacht zu sagen.

Am rechten Ufer liegt das Gebiet Saint-Émilion mit seiner AOC Saint-Émilion Grand Cru (es gibt auch eine ohne den Zusatz Grand Cru). Diese ‚Großen Gewächse‘ müssen sich jährlich einer Geschmacksprüfung unterziehen und auch die aus dem Jahr 1954 stammende Einstufung einzelner Güter steht alle zehn Jahre auf dem Prüfstand. Die besten Erzeuger tragen den Zusatz Premier Grand Cru Classé oder Grand Cru Classé auf dem Etikett. Auch hier gilt: leider teuer. Bei diesen Weinen dominiert oft die Rebsorte Merlot, was sie – wiederum stark verallgemeinert – etwas weicher als die Vetter vom anderen Ufer macht.

Die weiteren Spitzengebiete des Bordelais sind Graves, beziehungsweise darin die AOC Pessac-Léognan sowie Sauternes und Barsac. Die beiden letzteren sind Süßwein-Appellationen. Das ebenfalls zur Weltspitze zählende Pomerol hat keine Klassifikation auf den Weinetiketten. Alle anderen Gebiete, wie etwa Entre-Deux-Mers (für Weißweine) oder Côtes de Castillon reichen als Hinweis auf Weinetiketten nicht aus, um eine zuverlässige Aussage über den Inhalt zu machen.

Die Regionalen AOCs sind aufeinander aufbauend, ein Wein aus der Gemeinde Pauillac darf dessen AOC tragen, wenn er den Regeln entsprechend hergestellt ist, sonst eine Stufe tiefer die AOC Medoc oder die ganz einfache Bezeichnungen Bordeaux und Bordeaux Supérieur. Dies kommt auch dann zur Anwendung, wenn eine Appellation nur für eine Weinart gilt: Der berühmte Weißwein ‚Pavillon Blanc‘ von Chateau Margaux ist kein Margaux oder Medoc, sondern lediglich ein ‚Bordeaux‘, weil weder Margaux noch Medoc Weißwein vorsehen.

Die meisten Weine sind Cuvées, also Verschnitte mehrerer Rebsorten. Jede AOC regelt, welche Rebsorten in einem Wein Verwendung finden dürfen. Bei den roten sind das fast immer Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc, Petit Verdot und Malbec. Die ersten drei stellen den Hauptteil, die anderen beiden sind Beiwerk. Welche Zusammensetzung der Wein hat, ist nicht vorgeschrieben. Wie schon beschrieben, sind die Geschmackseigenschaften von Merlot und Cabernet sehr unterschiedlich. Die Frage nach der Uferseite (links = mehr Cabernet, rechts = mehr Merlot) hilft, deckt aber nicht die Ausnahmen ab. So sagen die Etiketten einiger Bordeauxweine sehr viel über die Qualität und sehr wenig über den Geschmack des Inhalts aus.

All diese Klassifikationen und Ranglisten erschlagen gerade einmal einige wenige Prozent der Gesamtmenge. Über 50 Prozent des im Gebiet Bordeaux abgefüllten Weines geht als einfacher AOC Bordeaux in den Handel. Darunter sind unendliche Mengen, vollkommen belangloser Weine aber auch einige wahnwitzig leckere Schnäppchen. Die Weinetiketten helfen hier nicht weiter und der Preis auch nur bedingt.

Frankreich: Rest

Die Champagne hat ein eigenes Appellations- und Grand-Cru-System für seine Weinetiketten, das zu erklären wir hier unterlassen, weil es nur bei einem Bruchteil der in der Champagne erzeugten Flaschen zum Einsatz kommt. Der Rest Frankreichs gestaltet seine Etiketten nach einem Herkunftssystem wie wir es aus Italien kennen, jedoch mit zwei Macken. Zum einen stellt sich das gleiche Rebsortenproblem wie in Bordeaux: ein Chateauneuf-du-Pape kann aus dreizehn verschiedenen Rebsorten bestehen oder aus einer einzigen, einige enthalten sehr viel Syrah, andere sehr viel Grenache und diese beiden Sorten schmecken sehr unterschiedlich. Manchmal steht es auf dem Rückenetikett und manchmal nicht. Das zweite Problem sind die Namen. Die aufeinander aufbauenden Gebiete haben oft keinerlei Namensähnlichkeit. Der eben erwähnte Chateauneuf stellt eine Spitze des Gebietes Rhône dar, einfachere Weine aus dem Gebiet tragen Côtes du Rhône auf den Flaschenetiketten. Und auch wenn etwas ähnlich klingt, hat das nicht unbedingt etwas zu bedeuten. Steht Pouilly Fumé auf dem Etikett, ist es ein berühmter Sauvignon Blanc von der Loire, steht da Pouilly-Fuissé, ist es mitnichten ein kleiner Bruder, sondern ein Chardonnay aus dem 250 Kilometer entfernten Burgund.

Südafrikanische Weinetiketten

Der Südafrikanische Weinbau ist gänzlich anders strukturiert als der Europäische. Obwohl mit einer Rebfläche ausgestattet, die in etwa der Deutschen entspricht, ist Südafrika Heimat von nur 500 Weingütern. Traubenerzeugung und Weinbereitung sind häufig getrennt. Eine Vielzahl der Weinbauern machen keinen Wein, sondern verkauft die Trauben an Kellereien. Ein Großteil der in deutschen Supermärkten angebotenen Weinen entstammt entweder südafrikanischen Großkellereien oder wird als Fasswein exportiert und in Europa gefüllt. Es sind Markenweine, deren Weinetiketten wenig aussagen. Die Rebsorte und eventuell ein Herkunftsgebiet geben Auskunft über den Inhalt – Alltagsweine, mehr nicht. Sie sind alle trocken, süße Weine erreichen Europa selten. Deutschland spielt für die Qualitätserzeuger eine untergeordnete Rolle, England und die USA sind ihre bevorzugten Absatzmärkte. Begegnet Euch ein Weingutswein, solltet Ihr nach folgenden Hinweisen Ausschau halten: ‚Estate Wine’ auf dem Label ist das Äquivalent des Deutschen ‚Erzeugerabfüllung’ und ein Gütekriterium, wenngleich es ein ganz paar gute Weingüter gibt, die keine eigenen Weinberge besitzen und trotzdem sehr guten Wein machen. Ein Herkunftsgebiet (WO für Wine of Origin)auf Weinetiketten ist ebenfalls ein Anhaltspunkt für gehobenen Standard. In Südafrika gilt allerdings nicht unbedingt der Grundsatz, dass der Wein besser wird, je enger das Herkunftsgebiet eingegrenzt ist. Der Zusatz Single Vineyard bedeutet Einzellagenwein. Solche Weine stellen oft die Spitze der Qualitätspyramide dar. Dabei geben die Produzenten den Namen der Lage nicht auf den Etiketten an, viele haben gar keine Namen, sondern sind eng eingegrenzte Parzellen von maximal fünf Hektar Größe, die ein hohes Maß an Wiedererkennung bieten und besonders gute Trauben liefern. Die meisten Qualitätserzeuger halten sich mehr oder weniger an eine unverbindliche Nomenklatur, zumindest für reinsortige Weine und diese geht folgendermaßen: Die Basisqualität trägt lediglich den Sortennamen und die WO auf dem Etikett. Eine Stufe besser heißt ‚Reserve‘ oder manchmal ‚Barrel Fermented‘. Diese Qualitäten sind oft im Holzfass ausgebaut (im Falle von ‚Barrel Fermented‘ immer). Danach kommt dann eventuell der Single Vineyard als Spitzenprodukt. Cuvées tragen bei vielen Erzeugern Markennamen. Bei Schaumweinen weist die geschützte Bezeichnung ‚Cap Classique‘ auf den Weinetiketten auf traditionelle Produktion nach Champagner-Verfahren hin.

Chile, Neuseeland, Australien

Die weiteren Länder der sogenannten neuen Welt sind mit Südafrika bezüglich der Weinetiketten vielfach vergleichbar. Sie haben wenig aussagekräftige Gebietseinteilungen und tragen meist die Rebsorte auf dem Etikett. Chile hat sich ebenfalls eine ‚Single-Vineyard-Klasse‘ zugelegt, Australien ein verpflichtendes Programm für Klarheit auf Weinetiketten. Dieses stellt sicher, dass wenigstens eine grobe Herkunftsangabe, die Rebsorten und der Jahrgang auf der Flasche stehen.

USA

In den USA ist im Weinbau alles erlaubt, was nicht explizit verboten ist und Verbote gibt es wenige. Das führt auch zu Freestyle-Weinetiketten. Trotzdem könnt Ihr dem Etikett Informationen entnehmen – mindestens die in der EU verpflichtenden Angaben zu Alkoholgehalt etc.. Die geografischen Herkunftsbezeichnungen sind genau das: ausschließlich geografisch. Sie kommen nicht im Paket mit Ertragsgrenzen, Rebsortenvorschriften oder ähnlichem, wie es überall in Europa der Fall ist. Trotzdem lassen Regionen wie Oregon oder Washington State, die Finger Lakes in Upstate New York und einige weitere Kenner mit der Zunge schnalzen. Diese Weine begegnen Euch aber nur im spezialisierten Fachhandel und die Preise sind hoch.

Kommentare (2)

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Gerhiid Magerl
03. Mai 2014 um 11:01
:- Eine wesentliche Zusammenfassung. Fuer den Geniesser auf dem Punkt gebracht! Die Weinwelt ist verwirrend und veraendert sich staendig! Also probieren, probieren, probieren! :- Prost! :-
FrankS
03. Mai 2014 um 00:00
apropos Österreich: nicht zu vergessen - dort heisst der Lemberger Blaufränkisch, besser letzterer in Deutschland Lemberger! -
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