Folge 49: Primitivo

Primitivo ist in vielen – vor allem nördlichen – Ländern Europas die beliebteste Rotweinsorte. Das hat viel mit der Art Wein zu tun, die Italiens Winzer aus ihm bereiten. Mehr erfahrt Ihr in Folge 49 der Webweinschule.
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Primitivo ist eine Rebsorte, die lange Zeit als der autochthone Star Süditaliens galt. Autochthon ist so etwas ähnliches wie eingeboren: man nennt Rebsorten so, wenn sie erstens aus einer Region stammen und zweitens mehr oder weniger nur dort wachsen. Autochthon ist also nicht das gleiche wie typisch, denn Silvaner ist sehr typisch für Franken, wächst aber auch im Elsaß und in Rheinhessen. Und die Rebe muss natürlichen Ursprungs sein. Dornfelder wächst zwar nur in Deutschland, ist aber eine Neuzüchtung.

Unter den vielen autochthonen Juwelen Süditaliens – etwa Nero d’Avola oder Negroamaro – war der Primitivo der gefeiertste. Doch dann kam der Doppelschlag: binnen kürzester Zeit erwies sich der Primitivo als identisch mit dem kalifornischen Zinfandel. Und dann fanden Forscher heraus, dass die Rebsorte erst seit wenigen Hundert Jahren in Süditalien heimisch ist, sehr viel länger aber schon in Dalmatien. Dort heißt sie ‚Crljenak’, was so viel wie ‚der Rötliche‘ heißt. Der eingeborene Italiener war also in Wirklichkeit ein nach Amerika ausgewanderter Kroate. Das mussten die Italiener erst einmal verdauen. An seinen Eigenschaften ändert das freilich nichts. Primitivo ist eine robuste Rebsorte mit stabilen, hohen Erträgen, die sehr gut Hitze verträgt.

Primitivo – heimlich süß

PrimitivoDie große Popularität – auch im Vergleich zum eigentlich identischen Zinfandel – verdankt die Rebe der Machart typisch italienischer Primitivos. Diese sind in der Regel etwas süß. Die Regeln, nach denen Primitivo entsteht, etwa als Primitivo di Manduria DOC oder Primitivo di Puglia IGT, erlauben einen Restzucker im fertigen Wein von teilweise 18 Gramm pro Liter. Schon ab ungefähr 2 Gramm schmeckt auch ein untrainierter Genießer den Zucker, wenngleich man diesen gerne mal mit ‚schöner Frucht‘ verwechselt. Daneben zeigt ein typischer Primitivo vor allem Beerenfrucht und würzige Aromen, deutet Zimt und Nelke an.

Mitteleuropas Liebling

In der Summe sind die meisten Primitivos also leicht süße Weine mit trockenem Image und dem Geschmack von Weihnachten. Zumindest für Menschen aus nördlichen Ländern, wo Weihnachten untrennbar mit Aromen von Zimt und Nelke verbunden ist. Genau solche Länder, etwa Deutschland und Polen, stellen den größten Markt für Primitivo dar.

Aber wir wollen nicht lästern. Ob ein Wein süß oder trocken ist, sagt nichts über seine Qualität aus. Die ist bei den meisten Primitivos solide. Es ist ein guter Wein, selten herausragend. Entsprechend gibt es keine Kultweine aus der Sorte. Einzelne Weingüter verlangen für ihre Spitzenerzeugnisse Preise bis 50 Euro. Aber Teil des internationalen Weinkanons, also der Weine die man mal getrunken haben sollte, ist keiner dieser Weine. Wir empfehlen daher: probiert einen einfachen Primitivo und wenn er Euch gefällt, dann noch einen zweiten. Mehr Beschäftigung mit der Rebsorte muss nicht sein, denn manche Weine sind einfach zum trinken da, ohne jeden Schnickschnack – leckerer Primitivo zum Beispiel.

Kommentare (7)

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Hans
10. März 2024 um 10:20
endlich mal eine klare Erläuterung ohne dem bei Weinen sonst übliche "Gedöne". Sachlich und allgemein verständlich. Dazu auch lehreich. Werde mich auch durch die anderen Artikel arbeiten.
Felix
13. März 2024 um 21:47
Viel Spass dabei.
Natale Sellaro
10. Januar 2021 um 10:32
Ich bin der Meinung dss es nur 2 Sorten Wein gibt. Die dir dir schmeckt und die Andere. Ob ein Wein schmeckt oder nicht muss und nur jeder für sich entscheiden, wobei Stimmungslage, Umgebung inklusiv Klima und Gesellschaft sehr viel dazu beitragen wie man den Wein empfindet. Also es gilt 1 oder 2 Flaschen kaufen und zu Hause schmecken. Wie oft stellt sich heraus den Wein schmeckt anders als beim Winzer weil niemand da ist der dir dauernd suggeriert was man unbedingt daraus zu schmecken ist. Die meiste Weintrinker werden so gut wie niemsl heraus finden was der Experte so alles von sich gibt. Ihre Seite finde ich super. Danke
Felix
11. Januar 2021 um 14:33
ja, nein, vielleicht. Ich kopiere mal die erste halbe Seite von 'Weinschule 2.0 – der Weinkurs für Menschen mit eigenem Geschmack' hier hinein (also vom Buch der Webweinschule). Was für’s Buch gilt, gilt natürlich auch für unsere Webseite Wie wird man ein Weinkenner? ‚Es gibt zwei Arten von Wein: Die einen schmecken mir und die anderen nicht.‘ – so fassen viele Anfänger ihre Einstellung zu Wein zusammen. Das ist Blödsinn. Nicht, weil der Geschmack nicht maßgeblich wäre. Ganz im Gegenteil: Er ist das Wichtigste überhaupt. Deswegen sind Sie gut beraten Weine nach dem Kriterium ‚schmeckt mir/schmeckt mir nicht’ zu beurteilen. Aber die Aussage ‚schmeckt mir‘ beschreibt die Wirkung des Weines und nicht irgendeine innere Eigenschaft des Getränks. Wenn Sie keine Lust auf Wein haben, Ihnen der Stoff deswegen nicht mehr schmeckt, den Sie vor zehn Minuten noch göttlich fanden, hat sich der Wein nicht verändert, sondern Sie. Das Urteil springt trotzdem von Grün auf Rot. Sie verstehen, was wir meinen? Das Ziel allen Strebens nach Weinwissen sollte sein, zu erkennen was einem schmeckt, nicht nur allgemein, sondern auch in der aktuellen Situation, zur angekündigten Speise oder mit der anwesenden Begleitung (oder zur gerade gekauften Musik, dem gleich gestreamten Film etc.). Das Ziel dieses Buches ist es Sie mit Wissen und Rüstzeug auszustatten, objektive und allgemeine Eigenschaften eines Weines auf Ihre Vorlieben und Ihre Stimmung zu projizieren und schon vor dem ersten Schluck eine halbwegs zuverlässige Vorstellung zu haben, was gleich passiert.