‚Blaufränkisch‘ und ‚Lemberger‘ sind nicht nur Synonyme für die gleiche Rebsorte, sie haben auch beide eine eher ungewöhnliche Entstehungsgeschichte. Lemberger spielt an auf die Herkunft aus der Stadt Lemberg, allerdings nicht der Großstadt in der Ukraine, sondern Lemberg bei Sankt Marein in der Untersteiermark, heute Slowenien. Eine Zeit lang hieß die Rebsorte in Deutschland alternativ Limberger nach dem Dörfchen Limberg im österreichischen Weinviertel. Erst mit der Zeit einigte man sich auf den, der Herkunft auch sehr viel näher stehenden Namen Lemberger.
Die Quellenlage zur Entstehung des Namens Blaufränkisch ist extrem dünn, dafür ist die Geschichte besonders schön. Und die geht so: Als Napoleon mit seinen Truppen in Ungarn unterwegs war, bezahlte er die Soldaten außerhalb Frankreichs mit roten Francs. In Frankreich selbst war der Franc blau. Dies hatten die ungarischen Winzer rasch mitbekommen und ihren besten Wein nur gegen blaue Francs verkauft. Und Kek heißt auf ungarisch blau und Frankos war der Franc. Und so hieß die Rebsorte Kekfrankos. Das übersetzte sich im Österreichischen dann zu Blaufränkisch.
In Württemberg sagt man Lemberger, im Rest der Welt Blaufränkisch (und im Osten Kekfrankos) – so die etwas vereinfachte Zusammenfassung. Eine stilistische Aussage, wie etwa bei der Unterscheidung von Syrah und Shiraz, stellen die Begriffe nicht dar. In ihrer ursprünglichen Heimat, der Steiermark, ist die Rebsorte mittlerweile fast ausgestorben. In Deutschland stehen fast 2000 Hektar im Ertrag, davon 90 Prozent in Württemberg. Österreichs Burgenland war mit über 2500 Hektar lange das Epizentrum, aber mittlerweile muss man sagen: Ungarn ist mit 8000 Hektar König,Tschechien, Slowakei, Rumänien entwickeln sich rasant.
Was ist das besondere an Blaufränkisch? Was Ertrag und Empfindlichkeiten angeht, ist die Sorte Durchschnitt. Bemerkenswert ist höchstens ihre überdurchschnittliche Winterhärte. Spannender ist die geschmackliche Besonderheit, denn Lemberger ist eine Art Pinot für Menschen, die keinen Pinot mögen, weil sie den dünn und sauer finden. Blaufränkisch hat ein bisschen mehr Bumms, ein bisschen mehr Stoff und Frucht, aber immer noch kräftige Säure, Eleganz und Zurückhaltung. Er ist nur eben nicht so filigran, dass irgendjemand sagen würde: ‚Das ist ja gar kein richtiger Rotwein!‘ Menschen, denen Pinot/Spätburgunder nicht genug ‚Sonne in Flaschen‘ ist, werden mit Blaufränkisch leichter warm. Dazu zeigt er oft eine leicht pfeffrige Würze, was auch anspruchsvolle Weinfans abholt.
Was für Weine macht man aus Lemberger? Ganz seriösen Rotwein, in Alltagsqualitäten und von internationalem Spitzenformat. Außerhalb Deutschlands gibt es auch ganz viele Cuvées mit Blaufränkisch, oft mit Cabernet Sauvignon und Merlot. Beim Holz sind die meisten Winzer zurückhaltend, verwenden also eher nicht 100 Prozent neues Barrique. Und auch in der sonstigen Behandlung setzen die wenigsten auf maximale Gerbstoff-Extraktion. Basisweine entstehen oft in Edelstahltanks, was seidige Rotweine ergibt, wenngleich die Kerngebiete des Blaufränkisch in den letzten Jahren eher heftig von der Erderwärmung betroffen sind. Mittlerweile gibt es auch Blaufränkisch Trinkmarmelade, was nicht unbedingt unserem Ideal entspricht.
Wer muss sich mit Lemberger beschäftigen? Wer in Deutschland und Österreich lebt, sollte sich unbedingt einmal Weinen aus dieser Rebsorte widmen. Einmal Basis, Mittelgewicht und große Reserve in gereift trinken, dazu noch was Exotisches, etwa einen Naturwein oder einen aus Ungarn. Konkrete Trinkempfehlungen findet ihr in unserem Video über Blaufränkisch und auch im Weinpaket für Fortgeschrittene findet Ihr einen Vertreter dieser Rebsorte.
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