Folge 61: Sangiovese

Sangiovese ist eine der wichtigsten roten Rebsorten Italiens. Sie ist die wichtigste Traube für den Chianti und einzige Traube des berühmten Brunello. Wir erklären, was Sangiovese so besonders macht.
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Sangiovese ist die Rebsorte der Toskana. Auch wenn sie in ganz Nord- und Mittelitalien heimisch ist, so denken wir bei Sangiovese zuerst an Chianti und Brunello, die beiden berühmtesten Rotweine der bei Deutschen so beliebten Toskana. Doch ob diese auch das Herkunftsgebiet des Sangiovese darstellt, ist unklar. Das hat mit einer Eigenart der Rebsorte zu tun. Sie passt ihre äußeren Merkmale dem Standort an.

Sangiovese – mal dick, mal dünn

Bis vor wenigen Jahren ging man davon aus, dass es sehr verschiedene Unterarten oder Klone des Sangiovese gibt. Etwa den eher kleinbeerigen Piccolo und denn eher großbeerigen Grosso. Diese Unterarten hatten teils eigene Namen, wie etwa Morellino die Scansano oder Brunello. Beides sind gleichzeitig Namen von DOCG-Weinen. (Was DOCG bedeutet beschreibt unsere Folge über Weinetiketten.) Doch dann pflanzten Forscher kleinbeerigen Piccolo in einen Weinberg voller Grosso und siehe da: auch die neu gepflanzten Reben zeigten dicke Beeren. Genetische Untersuchungen belegten: die Pflanzen waren identisch. Morellino und Brunello sind als eigenständige Sorten wieder aus der Sortenliste gelöscht. Sie sind heute Synonyme für Sangiovese in den Regionen rund um Morellino und Im Brunello-Gebiet. Da alle Trauben gleichermaßen Sangiovese sind, kann man heute nicht mit Sicherheit sagen, wo der Sangiovese herkommt, außer: irgendwo aus Italien.

Die erste urkundliche Erwähnung des Sangiovese stammt erst aus dem 16. Jahrhundert. Vielleicht wächst er aber schon seit über 2500 Jahren in Italien. Nichts genaues weiß man nicht. Was man aber weiß, ist dass er nicht sehr pflegeleicht ist. Traditionell füllt man daher Weine aus Sangiovese selten reinsortig, sondern meist als Cuvée mit 5 bis 30 Prozent anderen Rebsorten. Die Idee war, dass man die anderen Weine verwenden konnte, um eventuelle Defizite des spät reifenden Sangiovese auszugleichen.

Sangiovese kommt selten allein

Spät heißt in diesem Fall, die Ernte fällt oft in den Oktober, wenn die anderen örtlich üblichen Rebsorten bereits geerntet sind. Selbst in der Toskana kann der Oktober ungemütlich und feucht werden. Bevor die Feuchtigkeit zu Fäulnis führte, war dann die Versuchung groß, den Sangiovese zu ernten, auch wenn er noch nicht optimal reif war. Und dann kamen die vollreifen bereits geernteten Weine aus anderen Sorten gerade recht. Allerdings ist dies eher ein Problem vergangener Tage. Mit dem heutigen Wissen über Weinbau gelingt es regelmäßig reifen Sangiovese zu ernten.

Der Sangiovese ist eine eher dünnschalige Sorte mit mittelmäßiger Farbausbeute. Die Zugabe von etwas Canaiolo, einem tiefdunkelroten Wein, gehört daher zum Standard im Chianti-Gebiet. Im Brunello ist die Zugabe verboten. Der Brunello ist per Gesetz reinsortig. Diesen Spitzenwein gibt es allerdings erst seit dem Jahr 1961, seit den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts konnte er sich zunehmend als einer der besten Rotweine Italiens etablieren.

Unsere Trinkempfehlungen

Chianti SangioveseSangiovese ergibt mittelschwere Weine, die aromatisch sehr fruchtig mit an Pflaume und Kirsche erinnernden Aromen zu Jedermanns Liebling gehören. Einfache, sehr gelungene Weine aus der Rebsorte gibt es für deutlich weniger als 10 Euro. Diese sind oft nicht 100 Prozent reinsortig – selbst wenn nur Sangiovese auf dem Etikett steht – aber die Rebsorte ist geschmacklich dominant und die Anteile Fremdwein schlagen nicht so durch wie bei anderen Cuvées. Neben einem einfachen Wein empfehlen wir noch einen guten Chianti, bevorzugt aus dem Kerngebiet des Chianti. Diese tragen die Bezeichnung Chianti Classico. Die herausragenden Exemplare kosten zwischen 15 und 25 Euro und sind jeden Cent wert. Viele Chianti bieten tatsächlich ein ganz besonderes Weinerlebnis für vergleichsweise wenig Geld. Auch im Weinpaket der Webweinschule findet sich ein Chianti.

Kultweine sind vor allem viele der berühmten Weine aus dem Brunello-Gebiet. Der Ur-Brunello von Biondi-Santi, der Il Greppo kostet über 100 Euro, die Riserva sogar annähernd 500. Doch es gibt eine ganze Armada an sehr guten Brunello unter 50 Euro, wie zum Beispiel den Castel Giocondo von Frescobaldi. Wir fanden viele Brunello in den letzten Jahren jedoch etwas übertrieben konzentriert und alkoholstark. Es lohnt sich, sich auch mal anderen Weinen zuzuwenden. Reinsortige Sangiovese in der Kultliga sind außerhalb des Brunello-Gebietes allerdings selten. Die sogenannten Super-Toskaner wie Tignanello oder Sassicaia setzen auf Cuvées mit Cabernet Sauvignon und anderen Rebsorten, zu denen häufig, aber nicht immer, auch Sangiovese gehörte.

Sangiovese ReimitzReimitz – wenn Deutsche Sangiovese machen

Der einzige reinsortige Sangiovese unter den Super-Toskanern war lange der Le Pergole Torte vom Weingut Montevertine. Über die Jahre kamen nur eine Hand voll andere dazu. Der jüngste unter diesen Neuzugängen ist der Reimitz. Klaus Reimitz stammt aus Deutschland, hat aber 25 Jahre lang als Kellermeister eben jenen Le Pergole Torte verantwortet. Und nach seinem Ausscheiden beim Weingut Montevertine hat er sich dann einen Hektar feinste Sangiovese-Lage gepachtet und macht da jetzt ganz entspannt den Reimitz. Der ist klein und fein und sehr selten, aber gerade in Deutschland ganz gut zu kriegen.

Kommentare (4)

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Valeska
12. Dezember 2022 um 22:33
Ihr Lieben, ich probiere mich durch das erste Weinpaket und bin weiterhin sehr angetan von eurer Webweinschule. Es ist alles so schön geordnet, so dass ein Weinanfäger - zu denen ich ohne Zweifel gehöre - sooo viel mitnehmen kann. Mein Ziel war es eigentlich, im Supermarkt "Fehlgriffe" zu vermeiden. Mittlerweile möchte ich gerne im Fachhandel beschreiben können, was mir schmeckt. ;-) Noch probiere ich anhand von Wein-Bewertungsbögen zu entsprechenden Erkenntnissen zu kommen. Vielen Dank für die super Einführung im großen Feld der Weine und Weinkunde! Das kurze und knackige Hintergrundwissen ist sehr bereichernd für mich. Und das Weinpaket sowieso. Im Yoga heißt es: "Yoga besteht zu 1 % Theorie und zu 99 % aus Praxis und Erfahrung" – Patthabi Jois. Ich denke beim Wein darf es da schon etwas mehr Theorie sein, aber nur die Erfahrung in der Praxis bringt die Erkenntnis über den Geschmack. Viele Grüße Valeska P.S. Wein der mir nicht schmeckt, wird eingefroren und zum Kochen verwendet. Wein ist für mich immer noch Luxusgut, auch wenn er "nur" 10 € gekostet hat.
Felix
15. Dezember 2022 um 11:34
Danke für die netten Worte. Und wenn das Gefrierfach voll ist, dann hätte ich noch eine Alternative vorzuschlagen: https://www.schnutentunker.de/wie-stellt-man-selber-essig-her/
In Vino veritas Wein -Bistro
02. März 2018 um 10:23
Ich habe euch durch Zufall gefunden , ich bin begeistert, ihr macht das so locker, flockig und mit so viel Fachwissen das ich ich glaube 4 Stunden lang eine Folge nach der anderen angeschaut habe. Ich bin ein Weinliebhaber oder besser gesagt wir meine Frau und ich und haben seid neustem ein Wein-Bistro wunderschön in einem Gewölbekeller aus dem 17 Jahrhundert. Unser Hobby , anderen den Wein nahezu bringen. 77960 Seelbach im Schwarzwald . Ihr habt einen neuen Fan. Viele liebe Grüße Manfred Piek .
Felix
05. März 2018 um 10:29
Danke Schön ;-)
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