Ist Biowein wirklich besser als konventioneller Wein? Die Antwort ist nicht einfach, denn die Frage ist so diffus. Ist Biowein besser für die Umwelt? Ist Biowein teurer in der Produktion? Ist Biowein mehr Handarbeit? Ist Biowein gesünder? Schmeckt Biowein besser? All das schwingt in der Frage mit und die Antwort ist nur manchmal ja. Also kümmern wir uns vielleicht erst einmal um die Basics: Was ist Biowein? Davon ausgehend suchen wir Antworten auf die anderen Fragen.
Biowein ist ein Wein, der aus Trauben bereitet wird, die aus ökologischer Landwirtschaft stammen. Bei ihrer Verarbeitung im Keller gelten ebenfalls Regeln und Richtlinien aus der EU-Öko-Verordnung für Weinbau. Die Zertifizierung kann erlangen, wer eine dreijährige Umstellungsphase mit seinem Betrieb durchläuft. Die Leitlinien dieser Verordnung lassen sich vereinfachen. Im Weinberg sind keine synthetischen Spritzmittel erlaubt. Außerdem dürfen die eingesetzten Mittel nur über Kontakt wirken. Ein Eindringen in die Pflanze und Verändern des Organismus (systemische Wirkung) ist für Bio-Spritzmittel verboten. Außerdem müssen alle verwendeten Substanzen harmlos für die Umwelt sein. Gift ist Tabu.
Im Keller ist synthetische Chemie zwar verboten, viele der zugelassenen Mittel sind aber alles andere als natürlich oder ‚typisch‘ für Wein. So dürfen Winzer ihren Weinen Gummi Arabicum zusetzen, weil das ein pflanzlicher Zusatzstoff ist. Es gibt ihn also auch aus ökologischer Produktion. Sein einziger Zweck ist es, Weine stoffiger schmecken zu lassen. Das wirkt dann voller, hochwertiger, teurer. Es ist aber pure Schummelei. Deswegen ist das reine EU-Bio-Siegel nicht besonders Aussagekräftig. Auch ziemlich böse zusammengepanschte Weine können es erlangen. Trägt ein Wein allerdings zusätzlich das Siegel eines der bekannten Bio-Verbände, etwa EcoVin oder Bioland, Naturland etc. gelten zusätzlich zu den EU-Regeln die Regeln des jeweiligen Verbandes. Die sind alle viel strenger. Deswegen kann man vereinfachen: Weine mit Bio-Verbandssiegel sind wirklich Bio, nur EU-Siegel lässt zu viel Mist zu.
Die größten Herausforderungen durch den Klimawandel sind die Zunahme der Rebkrankheiten echter und falscher Mehltau. Bio-Weinbauern können dagegen nur ein Kontaktmittel auf Basis von Kupfer spritzen, das bei Regen abgewaschen wird. Deswegen müssen sie nach jedem Regen wieder spritzen fahren. Kupfer ist ein Schwermetall und umstritten. Die Schäden durch Kupfer in der Landwirtschaft sind allerdings allesamt sehr unkonkret. Niemand hat bisher echte Problemfälle durch den Kupfereinsatz nachgewiesen. Das ist also eventuell ein Schein-Problem. Allerdings müssen Bio-Weinbauern häufiger mit dem Trecker raus und spritzen. Seitdem wir mehr Probleme mit dem CO2 als mit Chemie haben, spielt das eine Rolle. Es gibt Bewirtschaftungsformen, die genau so schonend sind, aber weniger CO2 in die Luft pusten. Bio ist quasi nur die zweitbesete Lösung, aber sie ist besser als konventioneller Weinbau.
Und vielleicht direkt dazu die Frage: Ist Biowein mehr Handarbeit? Nein, das kann man so nicht sagen. ‚Je kälter das Klima, desto teurer die Bio-Variante‘ ist als Behauptung nicht gewagt. Aber in heißen Gegenden mit trockenen Sommern und ohne Pilzdruck ist ökologisches Wirtschaften nicht teurer. Und dann gibt es eine Variante des Bioweinbaus, die geht sogar nur mit Maschinen. Bei der sogenannten ‚Minimalschnitt‘-Variante werden die Reben nicht geschnitten. Sie wachsen als wilde Büsche und die innen liegenden Trauben sind für Menschen nicht erreichbar. Die werden dann mit dem Vollernter mit Druckluft aus dem Busch gepustet. Das ist für die Umwelt sehr schön, kommt aber vollkommen ohne Handarbeit aus. Die Weine sind billig produziert. Ihre Qualität ist aber bestenfalls ordentlich. Viele Supermarkt-Bioweine entstehen so.
Das gefährliche an Wein ist der Alkohol. Es gibt Untersuchungen, die behaupten Biowein enthalte etwas weniger Alkohol als konventioneller. Das ist aber nicht zu Ende erforscht. Es ist auch nicht wichtig, denn entscheidend ist ja, wie viel Alkohol man trinkt. Das hängt ganz alleine vom Konsumenten ab. Häufig liest man, Biowein enthalte weniger Schwefel und das sei gut für Allergiker. Das ist in vielerlei Hinsicht Quatsch. Richtig ist: die Grenzwerte für den Schwefelzusatz sind im Bio-Weinbau niedriger. Allerdings liegt der Grenzwert für Bio-Weißwein mit 150 mg/l genau auf dem Wert von konventionellem Rotwein. Farbe und Restzuckergehalt spielen da nämlich ebenfalls hinein. Viel wichtiger aber: Schwefel ist gar kein Allergen. Kein einziger Mensch auf der Welt ist gegen Schwefel allergisch. Und wer Unverträglichkeitsreaktionen zeigt, der weiß das meist. Das sind nämlich vor allem Asthmatiker, die schwerste Schäden riskieren. Die lassen in der Regel die Finger von Wein.
Ja, tut er. Allerdings vielleicht anders, als viele denken. Nehmen wir eine beliebige Auswahl von Weinen und probieren sie. Teilen wir sie dann in zwei Gruppen, die mit den Weinen, die wir mögen und die, die wir nicht so mögen. Und dann schauen wir nach, in welcher Gruppe wie gewirtschaftet wird. Es wird sich immer herausstellen, dass der Bio-Anteil bei den Weinen, die wir mögen, höher ist. Es schmecken nicht alle Bio-Weine gut und nicht alle konventionellen Weine schlecht. Aver unter den 100 besten Weingütern Deutschlands arbeiten 30 Prozent ökologisch. Unter allen Weingütern insgesamt sind es vielleicht zehn Prozent. Liegt das an der ökologischen Wirtschaftsweise? Das kann niemand sagen.
Wer sich mit Wein beschäftigt und mit Weinproduzenten spricht, der lernt sehr schnell etwas Wichtiges. Die besten Weine machen die Winzer, die ihren Job lieben. Und das sind immer Winzer, denen die Böden auf denen sie arbeiten wichtig sind. Sie haben sie meist geerbt und planen, sie an ihre Kinder zu vererben. Sie haben eine sehr viel höhere Motivation ökologisch zu wirtschaften. Wer nüchtern an die Sache ran geht, sagt also vielleicht Nein. Es ist die Liebe zum Job und das Interesse an der Natur, dass die Weine besser macht. Aber man kann ja auch mal locker an die Sache rangehen. Dann lautet das Urteil: Ja, Bioweine sind wirklich besser.
Felix hat auch einen Mehrteiligen Podcast zum Thema produziert. Hier findet Ihr die erste Folge.
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